Fulminantes Fest-Finale in Achslach
Zwei Bürgermedaillen verliehen – Vorstellung alter Handwerksberufe – Gottesdienst mit Kirchenzug
von Stefan Muhr
Am Festzug zur Kirche teilgenommen haben Vertreter aus der Politik, darunter Minister Helmut Brunner (von links), Kreisrätin Rita Röhrl, Kreisrat Heinrich Schmidt und Achslachs Altbürgermeister Gerhard Mies.
Achslach. Mit der Verleihung der Bürgermedaille hätte die Gemeinde Achslach ihrer langjährigen Chronistin Anne-Rose Baumgartner bei den Feierlichkeiten zum 900-jährigen Jubiläum des Ortes genauso danken und Anerkennung zollen wollen wie dem engagierten Achslacher Benedikt Ebner. Doch anders als Ebner konnte Baumgartner die Ehrung nicht mehr persönlich verliehen werden. Die Heimatforscherin ist vor wenigen Wochen verstorben.
An ihrer Statt nahmen ihre Kinder, Sohn Paul Johannes, der am Festsonntag Pate der Feierlichkeiten war, und Tochter Gertrud, die Auszeichnung entgegen. Die Verleihung war einer der Programmpunkte des dritten und letzten "Feier-Tages" der 900-Jahrfeier. Auch vier fast ausgestorbene Handwerksberufe wurden vorgestellt und die Sieger des Waidler-Fünfkampfes geehrt.
Am Sonntagvormittag lud die Gemeinde zusammen mit vielen Achslacher Vereinen, zahlreichen Kommunalpolitikern und zwei Pferdekutschen zum gemeinsamen Festzug in die Dorfkirche ein. Dort hielt Pfarrer Helmut Meier zusammen mit Josef Aichinger, Pfarrer a.D., eine stimmungsvolle Eucharistiefeier, die vom Kirchenchor Sankt Jakob musikalisch umrahmt wurde. In seiner Predigt lobte Pfarrer Helmut Meier das Engagement der Dorfbewohner, das für guten Zusammenhalt und Gemeinschaftssinn unabdingbar sei.
Pfarrer Meier rief zum Dank an die Ahnen auf"900 Jahre alt kann jeder Ort werden. Es ist die Qualität einer Gemeinde, die den Unterschied macht. Und Achslach macht dabei einen sehr großen Unterschied zu vielen anderen Orten", sagte der Geistliche. Doch ein Jubiläum sei nicht nur Grund zum Feiern. Die Kirchenbesucher sollten dabei auch ernst werden und sich der Arbeit ihrer Vorfahren bewusst werden, die den Grundstein für eine gut funktionierende Gemeinde gelegt hätten. "Wir können heute alle in Freiheit und friedlich miteinander leben. Dem war nicht immer so und das dürfen wir auch nicht vergessen", mahnte der Priester. Denn nur, wer sich der Vergangenheit bewusst sei, könne die Gegenwart sinnvoll leben und die Zukunft nachhaltig planen.
Mit der Bürgermedaille geehrt wurde auch Benedikt Ebner (hier mit seiner Enkelin Anna)
Am Festzug teilgenommen haben unter anderem der frühere Bundestagsabgeordnete Ernst Hinsken und sein Nachfolger in Berlin, MdB Alois Rainer, sowie Landwirtschaftsminister Helmut Brunner, der stellvertretende Deggendorfer Landrat Eugen Gegenfurtner und der Straubinger Landrat Josef Laumer. Unter anderem wurden auch zahlreiche Bürgermeister von Gemeinden aus den Landkreisen Regen, Cham und Straubing-Bogen von Achslachs Rathauschefin Gaby Wittenzellner zum Festzug begrüßt. Im Laufe des Tages stieß auch Regens stellvertretender Landrat und VdK-Geschäftsführer Helmut Plenk hinzu. Die beiden Kutschen mit Ehrengästen wurden von Johann Müller und Maximilian Pfeffer gefahren.
Auszeichnung: Für Anne-Rose Baumgartner nahmen Sohn Paul (2.v.l.) und Tochter Gertrud (2.v.r.) die Bürgermedaille von Bürgermeisterin Gaby Wittenzellner und ihrem Stellvertreter Helmut Fischer entgegen.
Im Anschluss an den Festgottesdienst moderierte der Pate des Tages, der aus Achslach stammende Radiojournalist Paul Johannes Baumgartner, das Nachmittagsprogramm. "Ich komme immer gerne nach Achslach und einen Termin wie das 900-jährige Bestehen meiner Heimatgemeinde nehme ich gerne wahr", sagte der Antenne-Bayern-Moderator. Mit humorvollen Einspielungen von weltweiten "Topstars" wie Angela Merkel, Joachim "Jogi" Löw und Arnold Schwarzenegger sorgte er für allerhand Lacher. Der Imitator der Bundeskanzlerin lobte die Gemeinde für "eine Manifestation der Tradition, viele gut aussehende Bürger und die besten Brezeln der Welt."
Zu den alten Handwerken auf dem Lande gehört das Flachsbrechen, das hier vom "Wandler Hans" demonstriert wird.
Später bat Bürgermeisterin Gaby Wittenzellner die Festgemeinde trotz der humorvollen Moderation einen Moment innezuhalten, um zwei ganz besondere Bürger zu würdigen. Für die jüngst verstorbene Anne-Rose Baumgartner war die Aufzeichnung von Achslachs Geschichte in der Gemeindechronik ein nicht wegzudenkender Teil ihres Lebens. Sie habe bereits geahnt, dass sie der 900-Jahr-Feier nicht mehr beiwohnen könne und habe ihren Sohn Paul sowie Tochter Gertrud gebeten, für sie die Bürgermedaille in Gold entgegenzunehmen, die ihr schon angekündigt worden war. Die beiden nahmen die Auszeichnung von Gaby Wittenzellner und ihrem Stellvertreter Helmut Fischer dankend entgegen.
"Was wäre die Welt ohne Achslach?" fragte Ernst Hinsken in seiner Ansprache.
Auch Benedikt Ebner erhielt eine Bürgermedaille von den Gemeindeoberhäuptern. 18 Jahre Gemeinderat, unzählige öffentliche Veranstaltungen der Achslacher Dorfvereine sowie viele kommunale Termine habe das Achslacher Urgestein dokumentiert und engagiert mitgestaltet. Durch ihn wurde Rathauschefin Gaby Wittenzellner erst auf das 900-jährige Bestehen der Gemeinde aufmerksam. Für seine Arbeit, die er Tag und Nacht geleistet habe, und für das Herzblut und die Leidenschaft, mit der er dabei ans Werk gegangen sei, ehrten ihn die beiden Bürgermeister der Gemeinde mit der Bürgermedaille in Silber.
Siegerehrung: Moderator und Festpate des Sonntages, Paul Johannes Baumgartner, lobte zusammen mit Andy Larisch die Gewinner des Fünfkampfes aus Edenstetten. −Fotos: S. Muhr
Zusammen mit Paul Johannes Baumgartner stellten vier Achslacher im Anschluss ihre vom Aussterben bedrohten alten Handwerksberufe vor. Der "Wonga Sepp", wie Josef Kraus in Achslach genannt wird, zeigte den Festgästen, wie man drechselt. Mit einer Art Handbohrer befreite er mehrere Meter lange Holzstämme von ihrem Kern. Der "Wandler Hans" zeigte den Zuschauern das Hanfbrechen. Johann Kraus reichte den Flachs, der durch Kämme und Brechwerkzeuge in eine weiche, fadenartige Form gebracht wird, unter den Interessierten herum, damit diese Beschaffenheit und Geruch des Getreides mit eigenen Sinnen erkunden konnten.
Zum Ehren der Vorfahren aufgerufen hat Pfarrer Meier in seiner Predigt zum Festgottesdienst.
Konrad Kraus brachte den zahlreichen Gästen die Kunst des Dengelns näher. Dabei schlug der "Oisch Konrad" mit einem Hammer auf die Schneide einer Sense, um sie so zu schärfen. Auch Festpate Paul Johannes Baumgartner durfte sich an die Schärfe-Arbeit wagen. Das bekannteste Handwerk des Quartetts war wohl das Binden von Reisigbesen, das Jakob Aichinger, der "Oingla Jackl", demonstrierte. Den fertigen Besenkopf überreichte der Moderator der Achslacher Bürgermeisterin mit den Worten: "Hier, damit kannst du nach dem Fest nach Hause reiten – und groß genug für den Rest deiner Familie ist er auch."
Viel Lob von der politischen Prominenz. Nach einer musikalischen Darbietung aus Countrymusik, Pophits und Schlagersongs von der Musikgruppe "Die Kogler" sowie Volksmusik von der "Weibinger Dorfmusi", die von Bürgermeisterin Gaby Wittenzellner dirigiert wurden, prämierte Andy Larisch die Sieger des "Waldler-5Kampfes". Sieben Mannschaften aus den Gemeinden Edenstetten, Ruhmannsfelden, Gotteszell, Geiersthal, Teisnach, Prackenbach und Achslach waren am Tag zuvor gegeneinander angetreten. Den ersten Platz errang dabei die Gemeinde Edenstetten, deren Topmann Mathias Winnerl sagenhafte 254 Kilogramm an Gewicht gestemmt hatte. Als Gesamtsieger erhielt das Edenstettener Team einen Gutschein für ein 20 Kilogramm schweres Spanferkel von der Metzgerei Franz Hackl. Zweitplatzierte war die Gemeinde Teisnach, die – anders als berichtet – die Schnupfer-Runde gewonnen hat. Das Team erhielt ein 30-Liter-Fass Bier, gestiftet von der Brauerei Wolferstetter. Den dritten Platz erreichte die Gemeinde Gotteszell, die mit einem Pizzagutschein von der Pizzeria Bellini in Ruhmannsfelden belohnt wurde. Viertplatzierte wurde die Gemeinde Ruhmannsfelden. Ihnen folgten Achslach, Prackenbach und Geiersthal.
Vom abwechslungsreichen Programm der Festlichkeiten zeigte sich auch die Politik-Prominenz begeistert. "Bei eurem Fest habt ihr erfolgreich Kultur und Feiern verknüpft. Auch der Blick auf die Vergangenheit eurer Gemeinde ist euch mehr als geglückt", gratulierte Landwirtschaftsminister Helmut Brunner. Er regte einen Blick in die Zukunft an, zeigte sich aber Achslach betreffend mehr als zuversichtlich: "Die Herausforderungen sind groß, aber ich bin mir sicher, dass eure Gemeinde Kraft, Kreativität und Entschlossenheit dafür besitzt."
Bundestagsabgeordneter Alois Rainer wünschte der Ortschaft eine weitere "dermaßen gute Entwicklung" und überreichte der Rathauschefin einen Wappenteller des Deutschen Bundestages. "Was wäre die Welt ohne Achslach, ohne Niederbayern, ohne euch?" – mit diesen eindrucksvollen Worten lobte der frühere MdB Ernst Hinsken die 900-Einwohner-Gemeinde. "Ihr seid älter als die Regierungshauptstadt Landshut, älter als die Landeshauptstadt München und sogar älter als Moskau – darauf könnt ihr wirklich stolz sein", fügte er hinzu.
Bürgermeisterin Gaby Wittenzellner zeigte sich vom Lob der Ehrengäste sehr bewegt. "Vor einem Jahr hätte ich nicht gedacht, dass wir ein so tolles Fest zustande bringen", sagte sie. Vor allem ihren zwölf Gemeinderatsmitgliedern, den Dorfvereinen und den umliegenden Wirten, Metzgereien und Bäckereien dankte sie für die "hervorragende Organisation einer solchen Feier". Ihr Ziel sei gewesen, dass die 900-Jahr-Feier ihrer Gemeinde bei Gästen wie Einheimischen im Gedächtnis bleibe und nicht nur aus Gaudi bestehe. "Und das, denke ich, ist mir zusammen mit allen Mitwirkenden mehr als gelungen", freute sich die Bürgermeisterin gegen Ende der Feierlichkeiten.