Achslach. Der Bach im Gemeindegebiet Achslach (Landkreis Regen) trägt noch nicht einmal einen Namen – und doch erlangt er nun Bekanntheit. Forscher haben im Gewässer die nach ihrer Einschätzung größte Steinkrebs-Population Deutschlands gefunden.
An 157 Stellen in den Landkreisen Regen und Freyung-Grafenau hat das Büro für Gewässerökologie „Blattfisch“ im letzten Jahr Flusskrebse kartiert. Nun wurden den auftraggebenden Behörden die Ergebnisse vorgestellt. Das Projekt entstand auf Initiative der unteren Naturschutzbehörde Regen und wurde gemeinsam mit der Regierung von Niederbayern, der Fischereifachberatung des Bezirks Niederbayern, der Landesanstalt für Umwelt und dem Wasserwirtschaftsamt Deggendorf entwickelt.
Krebs-Sensation im Bach ohne Namen
29.02.2024 | Stand 29.02.2024, 4:00 Uhr
Hunderte von Steinkrebsen sind in einem Bach in Achslach gefunden worden. − Symbolbild: imago images
„An 137 Probepunkten haben wir keine Flusskrebse gefunden, an elf Probepunkten Steinkrebse, an fünf Probepunkten nicht heimische Signalkrebse und an vier Probepunkten Edelkrebse“, wird Samuel Auer vom Büro „Blattfisch“ in einer Mittelung des Landratsamtes Regen zitiert.
Auf den ersten Blick klinge das erst einmal negativ, sagt Auer – doch bei genauerem Hinschauen war die Kartierung ein großer Erfolg: „Wir haben eine außergewöhnlich große Steinkrebspopulation gefunden.“
In einem namenlosen Bach in der Gemeinde Achslach haben die Forscher 710 Steinkrebse pro 100 Meter gezählt. Laut Einschätzung der Experten ist die Population in Deutschland einzigartig. Stein- und Edelkrebse sind aufgrund von Lebensraumverlusten und der Krebspest, aber auch wegen anderer – meist durch den Menschen – verursachten Stressfaktoren stark gefährdet. Ebenso spielt die Gewässerqualität eine Rolle.
Auch im Landkreis Freyung-Grafenau machten die Wissenschaftler eine erfreuliche Entdeckung: In Nebenbächen des Ginghartinger Baches machten sie große Edelkrebs-Bestände ausfindig. Hier besteht laut Experten allerdings eine akute Gefährdung durch einwandernde Signalkrebse. Sie übertragen die Krebspest. Diese führt, so Martin Graf von der unteren Naturschutzbehörde Regen, meist zum Aussterben ganzer Populationen von Stein- und Edelkrebsen.
Der aus Nordamerika stammende Signalkrebs ist selbst immun gegen die Krebspest, kann sie aber übertragen. Zudem ist er wehrhaft und aggressiv, auch die Fortpflanzungsrate ist höher als etwa beim Edelkrebs. Der Signalkrebs ist durch Besatz in die heimischen Gewässer gelangt und mittlerweile lückig in ganz Bayern verbreitet.
„Wenn wir jetzt nichts unternehmen, werden wir in zehn Jahren nicht mehr über Stein- und Edelkrebs sprechen, da es dann zu spät ist, ihnen noch zu helfen“, befürchtet Auer. Bekämpfungsmaßnahmen sind zwar nicht erfolgversprechend. Um die heimischen Krebse langfristig zu erhalten, wurden aber potenzielle Spenderpopulationen ausgewiesen und zudem auch potenzielle Wiederansiedlungsgewässer.
Damit Wiederansiedlungen erfolgreich sein können, muss jedoch sichergestellt werden, dass der Signalkrebs nicht in diese Gewässer einwandern kann. Dies könnte zum Beispiel durch so genannte Krebssperren sichergestellt werden, also künstliche Barrieren, die an ausgewählten Stellen installiert werden.
Da solche Maßnahmen aber der Wasserrahmenrichtlinie widersprechen können, die durchgängige Gewässer ohne Verbauungen fordert, ist ein enger Austausch zwischen den Fachbehörden unerlässlich. „Es ist wichtig, dass wir uns absprechen und Lösungen für den Erhalt seltener heimischer Arten finden“, forderte Regens Landrat Dr. Ronny Raith.
Nun sollen Veranstaltungen für die Fischereiberechtigten folgen, um sie über die Ergebnisse zu informieren. Auch eine Ausweitung des Projektes auf ganz Niederbayern steht derzeit im Raum. Ob in diesem Zuge auch der Achslacher Bach ohne Namen in Krebsbach umbenannt wird, steht noch nicht fest.
− vbb/aug